CRUSOE 2.0 –
Ein Leben- zwei Geschichten
Aus dem neuen Abenteuerbuch von Volker Kreuzner
Immer Dienstag und Donnerstag ab August.
Survivor Casting – Teil 7 von 12
Vom Nageln des 200D
(… doch was Gutes.) … Wir redeten auch über meine Kinder. Auch über meine eigentlich recht niedrige Frustrationstoleranzgrenze. Ich erzählte eine Geschichte über Ikeaschrank-Aufbau. Wenn ich schon diese Aufbauanleitung in den Händen hätte, würde ich sofort unter Stress geraten, nur noch rummeckern und um mich schlagen. Verbal. Die Kinder kannten das gut: »Wir sind dann schon mal mit dem Hund raus.« Wir redeten über Gewaltbereitschaft. Ich stellte ausdrücklich klar, dass körperliche Gewalt für mich nie ein Mittel wäre, einen Konflikt zu lösen. Na ja. Früher war das schon anders. Sagte ich aber nicht und war prompt etwas beunruhigt. Rede ich mich hier schon wieder um Kopf und Kragen?
»Ok, dann warte bitte draußen, bis alle durch sind. Vielleicht müssen wir noch etwas wissen. Wir setzen uns über das Wochenende zusammen und schlagen dann dem Sender eine Vorauswahl vor. Letztendlich entscheiden die, wer mitkommt auf die Insel. Das könnte bis Donnerstag dauern. Mach dir also keine Gedanken, wenn du bis zum Ende der Woche nichts gehört hast. Wir sagen auf jeden Fall Bescheid. Auch die, denen wir absagen müssen, kriegen auf jeden Fall eine telefonische Nachricht«, sagte Shona lächelnd. Alle anderen lächelten auch. Nur der Typ vom Sender schaute ernst. Bildete ich mir ein.
Die nächsten Tage waren sehr spannend. Irgendwoher wusste ich es. So eine Art des Sicherseins. Manchmal war es da und trog nie. Nur eine Geduldsprobe. Geduld habe ich viel. Nur nicht lange. Elende Warterei. Dann war es soweit. Der Dienstag drauf. Ich war dienstlich unterwegs. Hatte einen Termin bei einer Digitaldruckerei. So halb elf am Vormittag. Ich kam mal wieder zu spät. Aber das war nichts Neues. Pünktlich bin ich eh selten. Deshalb mache ich auch nur Termine mit unbestimmter Uhrzeit. So zwischen zehn und elf. Das passte für mich. Halb elf war der Wunschtermin der Geschäftsführung. Schwierig. Aber elf Uhr schaffte ich. Mit dieser Art meines Umganges mit Terminen haben viele so ihre Probleme. Vor allem im Privaten. Es wird sehr oft als Missachtung verstanden. Es kostet mich dann viel Mühe, die aufgekommenen Wogen wieder zu glätten. Ich lernte erst spät, dass das, was ich meine und das, was ankommt, oft nicht dasselbe ist. Diese Welt ist halt nicht für mich geschaffen.
Das Telefon klingelte im Auto. Freisprecheinrichtung. Mein alter 200D. Schwarz. Noch die unverwüstliche Taximaschine. Claudia schläft bei längeren Fahrten auf dem Beifahrersitz schnell ein. Wahrscheinlich das Nageln des alten Diesels. Ich fahre schon immer diese alten Kisten. An der Münchener Vorwahl sah ich schon, wer das sein könnte. Ich fuhr rechts ran. »Hallo. Schönen guten Morgen. Hier ist Dagmar vom Sender.« Ich spürte dieses Klopfen im Hals. Wie immer, wenn ich aufgeregt bin. »Herzlichen Glückwunsch. Ich möchte dir mitteilen, dass wir dich gerne mitnehmen wollen.«
Yes. In Gedanken machte ich den Klinsmann-Diver. Blieb trotzdem cool. »Oh, das ist ja sehr schön. Da freu ich mich. Wann geht es denn los?« »Alles Weitere erfährst du noch per Mail. Und ein gesondertes Schreiben kriegst du auch noch. Du bist der Erste, den wir anrufen.« Oh. Das wunderte mich. Warum ich? Egal. Meine hoffnungsvolle Gewissheit war Wirklichkeit geworden. »Als Nächstes steht jetzt die ärztliche Untersuchung auf dem Programm. Kannst du am Sonntag nach Köln kommen? Dort ist die Praxis des Tropenarztes, der für den Sender den Kandidaten das Gesundheitszeugnis ausstellt. Du brauchst ja sicherlich auch noch alle Tropenimpfungen, oder?« »Ich denke schon. Geimpft bin ich überhaupt nicht.« »Na, dann noch mal herzlichen Glückwunsch. Wir freuen uns auf dich. Tschüss und bis bald.« Ein Klacken in der Leitung. Sie hatte aufgelegt. Ein Seufzer der Erleichterung. Meine Arbeitsgespräche an diesem …
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Bild: Tengahfound, Volker Görnert.