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Adventure your Life

 

CRUSOE 2.0 –
Ein Leben- zwei Geschichten


Aus dem neuen Abenteuerbuch von Volker Kreuzner

Immer Dienstag und Donnerstag ab August.

Survivor Wie es begann – Teil 4


Die Survivor-Castings

Zu Hause im Westerwälder Kaff. Ich hatte gerade die Katze raus gelassen. Die Stufen aus dem dunklen Naturschiefer, der mir seit jeher gefiel, waren nass. Sie frieren schnell zu auf der wie gerissen wirkenden Oberfläche. Es lag noch Schnee. Morgens um kurz vor sieben. Ich fuhr den Rechner hoch. Mails checken. Für den Bürotag. Gleich. Mein Mailprogramm blinkte. Neue Nachricht. Die Casting-Agentur mit ihrem neues­ten Newsletter. Ein Fragebogen. Darsteller und Kandidaten für mehrere Formate gesucht. Es wurden etwa zwanzig aufgezählt. Unter anderem auch »Abenteuershow«. Ich habe einfach alles angekreuzt, außer dieser Schuldensendung und der Singleshow. Was sollte ich da auch? Ansonsten? Hauptsache Fernsehen. Antwortbutton. Klick, weg.

 

Tage später kam ein Brief. Die Casting-Agentur. Sie würden sich freuen, mich auf einem Casting in Köln zum Thema Abenteuershow zu sehen. Zu Hause habe ich nichts gesagt. Die hätten mich nur für jetzt ganz durchgeknallt gehalten. Kaum ist er fünfzig und dann so was. Wahrscheinlich Midlife Crisis, die Dritte. Egal. Das Casting war schnell durch. Lange gewartet. Ein wenig vor der Kamera gesagt. Foto. Das war’s. Nun bange Erwartung. Das Casting war ja nicht weiter bemerkenswert. Lediglich der Umstand, überhaupt eingeladen worden zu sein, war etwas Besonderes. Für mich. Denn meine Affinität zum Medium Fernsehen wurde bereits sehr früh geprägt. Schon als Kind waren die Stunden vor der Flimmerkiste für mich so eine Art »Wegbeamen«. Wie auch sollte ich meine Sehnsucht anders ausgleichen? Ende März. Mein Telefon im Verlagsbüro klingelte. »Hi, hier ist Tanja von Tresor-TV. Wir würden dich gern nochmal bei einem weiteren Casting sehen.« Klar. Gerne.

Wieder Köln. Wieder das Dorint in Deutz. Foyer im ersten Stock. Gleich am Anfang bekam ich eine Nummer auf einem großen Zettel. Ich schaute mir die Mitbewerber an. Viele Überflieger. Manche aus meiner Sicht offensichtlich fehl am Platz. Auf dem Sofa an der Wand saß so eine Art Alleinunterhalter. Schien wohl schon Casting-Erfahrung zu haben. Die Traube aus Menschen um ihn herum hörte gebannt zu. Ich hielt mich raus und blieb abseits an einem Stehtisch. Schräg neben mir stand eine Diane. Konnte ich auf dem Schild lesen, das sie sich genau in die Mitte ihres Dekolletés gesteckt hatte. Als Frau extravagant, durchaus attraktiv. Offenbar war sie alleine. Ich sprach sie an. Denn für mich hatte das Casting unabhängig von der Kamera bereits an der Eingangstür begonnen. So kamen wir in ein angeregtes Gespräch. Sie war Tänzerin. Aus Stuttgart. Hatte schon mehrere Castings hinter sich und wollte das hier unbedingt bestehen. Um ihrer Karriere willen. Sie wirkte nervös. So würde sie das nicht schaffen. »Komm, lass uns hier mal an die Bar gehen. Ich hätte sowieso Bock auf einen Kaffee. Da ist es auch etwas ruhiger.« Sie kam mit.

 

Eine halbe Stunde und zwei Kaffee später hatte ich sie halbwegs ruhig. Sie war vor mir an der Reihe und verschwand im Casting-Raum. Ich habe sie nie wieder gesehen. Für mich und meine Nummer wurde es Zeit und ich schlenderte ruhig in den Bewerberraum. Alles voll. Wenige leere Stühle. Ich setzte mich gleich vorne an einen runden Tisch, auf dem ein paar Schokoriegel und eine Flasche Wasser standen. Pappbecher gestapelt daneben. Entweder sie sparen auf Teufel komm raus oder wollen gleich klarmachen, worum es hier geht. Ich scannte meine Mitbewerber. Darunter ein paar Leute, die ich mir in einer Abenteuershow beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Links von mir saß so ein Kerl Marke Bodybuilder. Lange, blonde Matte, Goldkettchen. Erzählte die ganze Zeit, dass er Jürgen von Big Brother kennt. Und der hätte es ja jetzt auch geschafft.

 

Zwischendurch kriegte er mal Hunger und beschwerte sich lauthals über die knappen Schokoriegel. Ich gab ihm dann meinen. »Hier. Nimm den. Ich denke, ein bisschen Schoki kannst du besser gebrauchen als ich.« Ich rechnete damit, Contra zu kriegen, wenigstens einen dummen Spruch. Aber er sagte nur artig: »Danke.« Dann pellte er langsam, fast andächtig, den Riegel aus der Verpackung und fuhr mit der linken Hand, das Papier langsam mit den Fingern faltend, in die Jackentasche seines Blousons. Er kaute langsam und wirkte zufrieden. Na ja. So hörte er wenigstens auf zu quatschen. Am Nachbartisch …

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Bild: Tengahfound, Volker Görnert.

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