CRUSOE 2.0 –
Ein Leben- zwei Geschichten
Aus dem neuen Abenteuerbuch von Volker Kreuzner
Immer Dienstag und Donnerstag ab August.
Survivor Wie es begann – Teil 2
Das Casting
Ich heiße Volker und bin nicht groß von Wuchs. Ich habe Übergewicht. Und immer nach der Arbeit zieht sich dieser kernige, etwas strenge Geruch des Leders meiner Schuhe vermischt mit dem Schweißgeruch meiner ermüdeten Füße über den Dielenboden der Garderobe. Mein zweiter Vorname ist Franz. Der Vorname meines Vaters. Und auch der seines Vaters. Wie der meines Urgroßvaters. Brav nach alter Familientradition. Doch meine Mutter hatte aufbegehrt. Sie stammte ebenso wenig aus dieser Gegend, wie die Familie meines Vaters. Kompromissfähig, aber bestimmt, wie sie nun mal ist, überzeugte sie ihn. Mit der Intuition einer Mutter. Vorausahnend, dass Bodenständigkeit keines meiner besonderen Persönlichkeitsmerkmale sein würde.
Denn in meinen Adern fließt das Blut eines Abenteurers. Pulsierend. Treibend. Vorwärtsstrebend. Und immer bedrängt von der auch mir innewohnenden, stürmenden Unruhe eines jeden dieser Gattung. »Keine Atempause. Geschichte wird gemacht. Es geht voran.« Erst mit dreißig Jahren werden sich diese Zeilen aus einem Song der NDW-Band »Fehlfarben« in mein Hirn brennen. Als hätten sie es für mich geschrieben. Ich habe es intuitiv ergänzt: »Es muss ein Ziel geben.« Vielleicht habe ich es schon gefunden. Und wenn nicht, bin ich mir dennoch sicher. Ich werde es finden. Und sei es nur für mich.
Davon soll auch dieses Buch handeln. Von der Suche nach dem, was mich ausmacht. Und den Abenteuern, die das Leben mir bisher schenkte. Nicht diese Schweizer Events für Hundert Euro aus der Tüte. Sondern die wahren Abenteuer. Die uns sterben lassen vor Glück. Oder quälende Schmerzen voller Tragik bereiten. Ich wollte immer bereit sein für die Abenteuer. Habe aber schnell bemerkt, dass es bei uns keinen Platz gibt für diesen Menschenschlag. Nicht mehr. Doch eines Tages bestimmt wieder.
Dieser Gedanke lässt die Vergangenheit an mir vorüberziehen. Wie in einem Hologramm. Wagnisse. Experimente. Wirbelnde Eskapaden. Phänomenale Eseleien. Verrückte Erlebnisse. Auf einmal ist alles wieder präsent. Immer am Limit. »Mr. Megabucks« in Atlantic City, der alles verspielt. Total pleite aus dem Casino kommend und sich wundernd. Er hatte doch den ganzen Tag gewonnen. Oder der »Schwarze Flamingo«. In Paris. Diese Frau, die mir beinahe zur Obsession wurde. Ich sah die Schweißperlen auf der samtenen Haut ihres Rückens. Als sie mir nach viel zu vielen Cuba Libres und Caipirissimas den Mond von Wanne-Eickel kreisend entgegenstreckte. Und mich, nach Atem ringend, anflehte: »Ich bin fertig. Mach zu. Ich kotz gleich.«
Und dann eines meiner größten Abenteuer. ProSieben. Vor zehn Jahren. Als ich »Survivor« gewann. Die Show, deren Maxime zu meiner wurde. »Überwinde – überliste – überlebe«. Und ich am Ende die Viertelmillion Euro mitnahm. Als Sieger des Spiels. In Malaysia. Die vielen, vielen kleinen Inseln. Rawa, Simbang, Besar oder Sembilang fallen mir ein. Und meine Zeit auf Tengah. Die kleine Insel im Südchinesischen Meer, die mein Leben veränderte. Plötzlich ist sie wieder da. Ich kann sie geradezu spüren. Riechen. Sehe die langen Schatten. Sich immer weiter zur Dämmerung neigend, an diesem reinen, weißen Strand. Umspült von dem stetigen und deshalb beruhigenden Anlanden der Wellen. Alles da. Die Laute des Dschungels. Flimmernde, feuchte Hitze. Die kalten, nassen Nächte des Monsuns. Bis gerade noch verschwunden. Was soll ich sagen? Ich bin ein Sieger? Na toll. Jetzt trifft mich das Déjà-vu mit voller Wucht. »Du bist der erste ‹Survivor› Deutschlands und hast gerade 250.000 Euro gewonnen.« …
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Bild: Tengahfound, Volker Görnert.